Im Schlepptau des Hollyoodvorbilds kam der deutsche Film wieder auf die Beine. Die ersten waren vornehmlich Bewältigungs- und Trümmerfilmen voll Horror. Die wurden Pleiten, samt ihren gut gemeinten, knirschenden Selbstanklagen. Dann aber entdeckten produzieren wollende alte deutsche Filmhasen, daß Heimatfilme aus der Heide und Silberwälden und Deppenkomödien aus Bayern das breite Publikum erfreuten! Dem waren Qualität und Inhalt egal. Es wollte schöne Naturaufnahmen und beliebte Komiker sehen. Gab’s Sprachprobleme ließ man manchmal Norddeutsche in Seppltracht bayrisch sprechen und spielen. Der neue deutsche Film war ja fest in Händen der norddeutschen Tiefebene. Sowas sollte in unsere Brummlg’schicht durch den Kakao ziehen. Aber da gab’s einfach zu viele Angriffsflächen. Wir konnten nur ein paar der möglichen Glossen unterbringen. Unser Nachwuchsautor Walter Netzsch, Olf und ich einigten uns auf zwei davon. Einmal den Filmbetrieb mit den improvisiert wurschtelnden Aufnahmeleitern, den stolzen Regiecäsaren, dem Gebrüll und Durcheinander im Atelier, die Hupe, die Ruhe gebot, der Tonaufnahme, der immer als letzter drehfertig wurde, und ganze aufgeregte Heckmeck imitierter Tüchtigkeit. Das zweite wurde das Süd-Nord Gefälle an Humor, Lebensart und Ausdrucksweise. Ein Contra dem südschwedischen Überlegenheitsdünkel (‚Die ollen Bajan sin alle dof un primetiv‘). Freilich hat der Autor Georg Lohmeier nicht Unrecht wenn er sagt: ‚Wir geben ja koa Ruah, eh net der letzte Neger im Afrika hint woaß, die größten Deppen auf dem Erdball san mir!‘. Weil es die Fremden gar nichts angeht, wie wir eigentlich sind, kaspern wir ihnen Deppen vor. Das fördert den Fremdenverkehr, wenn sie dieses ihnen zutiefst unverständliche Volk als blöde klassifizieren. Akustisch und inhaltlich können sie uns nicht verstehen, weil wir seit über tausend Jahren oberdeutsch sprechen, eine einst reiche, zählebige Sprache, die ganz anders ist, als ihr niederdeutsch. Das Hochdeutsch, auf das sie so stolz sind, weil sie es für vornehm halten, wurde erst um 1770 eingeführt. Weil die Deutsche einander nicht ohne Dolmetscher verständigen konnten beschlossen die Regierenden, von den deutschen Mundarten (wie Plattdeutsch, Holländisch, Schwyzerdütsch und die nordischen Sprachen) das Meißnische, das als das zierlichste Deutsch galt verbindlich auszuwählen. Quasi als ‚Esperanto der deutschen Stämme‘. Bajuwaren und Allemannen machten nicht mit. Preußen, vor allem sein Militär, machte es zu einer Art gebellter Stummelsprache. Geschäftsleute, Höhergestellte und auch der Alltag mußte nun, weil die gültigen Ausdrücke jedes Stammes wegfielen, alles durch umständliche Umschreibungen wortreich kompensieren. So entstand das bekannte norddeutsche Gelaber. Weil Nördlinge genetisch einen Hang zu ausführlicher Mitteilung haben, sprechen die stets ihren ganze Denkvorgang mit. Der Bayer hingegen gibt nur das Ergebnis bekannt. Weil sich auch norddeutsche Schauspieler über die falsche Volkstümelei lustig machten, sagten mir zwei norddeutsche Stars von damals sofort zu. Erik Ode der geschätzter Regisseur bei Bühne und Film und ein bekannter Darsteller ernster und heiterer Rollen, der später als erster ‚Kommissar‘ der Fernsehserie berühmt wurde – als Vorläufer von Derrick Horst Tappert. Ode parodierte den Aufnahmeleiter Knalle. Der zweite Star war Axel von Ambesser, bekannt und beliebt als Darsteller, Regisseur, Autor und amüsanter gescheiter Unterhalter. Er glossierte mit humorvollem Ingrimm den Platzhirschen im Filmatelier, einen Filmregisseur. Film war damals noch eine ferne Traumwelt. Einen Darsteller leibhaftig zu sehen eine Rarität, Es gab so wenige. Gingen, oder drehten sie irgendwo außerhalb der Ateliers auf einer Straße, gab es sofort einen Menschenauflauf. Heute schaut kein Aas mehr beim Drehen zu. Die meisten Schauspieler kennt oder erkennt man gar nicht. Es sind so viele im
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