Clarins Roman ist die Geschichte eines Antihelden, der seine eigene Wirklichkeit beständig in Fiktion verwandelt und dessen Weltfremdheit und Selbstentfremdung in dem Wunsch nach einem Sohn gipfeln, seinem einzigen Sohn, der seinem Leben einen Sinn geben und ihn letzten es unsterblich machen soll. Als eine Operntruppe in die ‚melancholische drittklassige Provinzhauptstadt‘ kommt, wo Bonifacio Reyes mit seiner autoritären, egoistischen Frau Emma wohnt, hofft er, endlich seine romantischen Ambitionen verwirklichen zu können. Er nähert sich der Sängerin Serafina, spielt ihr Lieder auf seiner Flöte vor, aber Serafina hat nichts anderes im Sinn, als in einer bürgerlichen Existenz Zuflucht zu finden – seine romantischen Vorstellungen kann sie nicht erfüllen. Bonifacio kehrt zu seiner Frau zurück, die von ihm verlangt, sie in der Rolle des von ihr verehrten Baritons der Operntruppe zu lieben. Kurz darauf ist Emma schwanger. Clarins ‚Held‘ ist hin und her gerissen zwischen seinen romantischen Träumereien, die er wie ein altes Gepäck mit sich herumschleppt, und seinen bürgerlich-familiären Interessen, zwischen den ätherischen Klängen seines Flötenspiels und den Hauspantoffeln, die er bei seinen geträumten Ausbruchsversuchen keinesfalls missen möchte. Und so bewegt sich die Geschichte, angesiedelt in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts, raum- und zeitlos zwischen der Realität und einer Traum- und Vorstellungswelt. Die bürgerliche Welt spiegelt sich im Theater und dieses in jener, eine Scheinwelt wird von der anderen in Frage gestellt. Auch in Bezug auf die Vaterschaft des ‚einzigen Sohnes‘ gibt es keine klare Antwort. Meisterhaft verwebt Clarin die Ironie; er parodiert, elegisch und sarkastisch zugleich, Gesellschaft und Religion, angefangen beim Titel des Romans bis zum Lied der Opernsängerin, in dem Bonifacio die Verkündigung seines Sohnes zu vernehmen glaubt. Leopoldo Alas (Pseudonym Clarin): Sein einziger Sohn. Roman. Aus dem Spanischen von Elke Wehr.
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